Rudolf Maeglin
1892 — 1971
Als Sohn eines Basler Weinhändlers wächst Rudolf Maeglin in grossbürgerlichen Verhältnissen auf. Seine Mutter stammt aus einer begüterten Familie von Seidenindustriellen. Nach der Maturität nimmt er das Studium der Medizin auf, das er 1918 mit dem Staatsexamen abschliesst. Für kurze Zeit arbeitet er als Assistenzarzt im Kantonsspital Genf, ehe er sich 1919 für eine Laufbahn als freier Künstler entscheidet und den Arztberuf aufgibt. Nach einer Italienreise 1921 lebt er 1922–27 in Paris, wo er die Akademien Grande Chaumière und Colarossi besucht. Studienreisen 1923 und 1925 in die Bretagne sowie 1926–27 nach Spanien und auf die Balearen. 1927 Rückkehr nach Basel. Dort arbeitet er bis 1936 tagsüber als Handlanger auf Baustellen und als Hilfsarbeiter in Fabriken der chemischen Industrie. In dieser Arbeitswelt findet er die Bildthemen, mit denen er sich fortan ausschliesslich auseinandersetzen wird. 1933 gehört er zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe 33 und beteiligt sich in der Folge an deren wichtigsten Ausstellungen. Ab 1936 lebt er als freier Maler und Grafiker. Er widmet sich vor allem dem Holzschnitt und wird später Mitglied der Vereinigung Xylon. Der Architekt Ernst Egeler, ein befreundetes Mitglied der Gruppe 33, baut ihm 1947 im Arbeiterviertel von Kleinhüningen ein einfaches Atelierhaus, das er bis zu seinem Tod bewohnt. Die Verschlechterung seiner Gesundheit zwingt ihn nach 1960, auf das Malen im Freien zu verzichten. 1966–68 realisiert er im Auftrag des Basler Kunstkredits drei Glasfenster für das Treppenhaus des Kantonalen Arbeitsamtes an der Utengasse in Basel. Sein Schaffen wird von der Kunsthalle Basel 1970 in einer Doppelausstellung mit Paul Camenisch und vom Kunsthaus Zug 2012 mit einer grossen Einzelausstellung gewürdigt.
Maeglin legt in der Pariser Zeit 1922–27 die Basis zu seinem persönlichen Stil, der ab den 1930er-Jahren ohne sprunghafte Veränderungen reift. Durch die Auseinandersetzung mit der naiven Malerei Frankreichs und dem deutschen Expressionismus gelangt er zu einer vereinfachenden Zeichnung, die den Bildraum auf ein klar organisiertes, parallelperspektivisch ausgerichtetes Liniengerüst festlegt und durch starke Farbkontraste sowie feine chromatische Abstufungen rhythmisiert. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt 1927 konzentriert sich sein künstlerisches Interesse auf die Welt der Baustellen und der Chemiefabriken mit den dort beschäftigten Menschen, die ihm als Arbeitskameraden vertraut geworden sind. Im späten Schaffen nach 1960 äussert sich die Auseinandersetzung mit der Berufs- und Lebenssituation der Arbeiter und ihrer Familien in eindringlichen, meist streng frontal ausgerichteten Porträts. Durch seine vordergründig naive Schilderung des Gesehenen ohne Pathos oder Sentimentalität hat Maeglin ein eigenständiges Werk geschaffen, das sich von themenverwandten Gemälden des sozialistischen Realismus abhebt und den Arbeiterbildern Fernand Légers nahesteht. Die Umsetzung von Bildmotiven ins Medium des Holzschnittes verweist auf den engen Bezug zwischen seinem gemalten und grafischen Schaffen.
Durch seine thematische Beschränkung ist er künstlerisch zu einem Aussenseiter geworden, dessen Bedeutung innerhalb der Gruppe 33 erst spät anerkannt worden ist. Seine Gemälde, die die allmähliche Veränderung Basels durch die grossen Bauten schildern, stellen kulturhistorisch bedeutsame Zeugnisse der jüngeren Baugeschichte der Stadt dar.
Werke: Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum; Sammlung Kunstkredit Basel-Stadt; Basel, Sekundarschule Sandgruben, Wandbilder, 1955; Chur, Bündner Kunstmuseum; Liestal, Sammlung Kunstkredit, Archäologie und Museum Baselland; Kunsthaus Zug.
Silvan Faessler, 1998, aktualisiert 2016